Catwoman by Tim Sale


Mittwoch, 17. Juni 2015
Liebevolle Geschichte

Cover von Herz

Verlag: Wasndas?
Autor: Bobrovic
Zeichner: Bober
Ausgabe: Originalausgabe, besitze aber auch die 2. Auflage
Sprache: Deutsch

Story:
Eine Toilette in einer Kneipe. Auf dem Boden liegt eine junge Frau, Schläuche kommen aus ihrem Körper, ein junger Mann versucht verzweifelt, sie wieder zu beleben.
Was wie eine Szene aus einer schmalzigen Krankenhaus-Serie wirkt, ist in Wirklichkeit der Anfang Des Comics "Herz <3 ?". Die Hauptperson ist ein junger Mann, der sich einen Haushaltsroboter gekauft hat und ihn zu einer Art Freundinnenroboter umprogrammiert hat. Freunde scheint er keine zu haben und Verständnis für seine Situation wird ihm auch nicht entgegengebracht. Doch der Roboter liebt ihn bedingungslos - nicht weil er kann, sondern ganz einfach deswegen, weil nie Updaits für die Systemsoftware "Selbstständiges Handeln & Denken" durchgeführt wurden.
Aber natürlich kann diese perfekte Liebe nicht für immer halten.

Hehehe. "Ferdchen".

Meine Meinung:
Jetzt mal ehrlich. Wer würde für einen solchen Komik echtes Geld bezahlen? Das Cover sieht aus als häts eine alkoholkranke Fünftklässlerin gezeichnet und der Inhalt ist so Präfacebook "Ich erschaffe mir einen künstlichen Freund"-mäßig dass Mary Shelley gerade eine Klage wegen Copyright-Verletzung einreicht. Mein Gott, der Comic wirkt, als wäre er in einer Kneipe entstanden!
Ok, ok. Das war jetzt gemein, denn so schlimm ist es nicht. Der Comic ist sogar richtig gut.

Die Zeichnungen sind liebevoll, wenn auch natürlich etwas krakelig. Sie erinnern mit etwas an die Figuren der "Wo ist Walter"-Wimmelbücher, in denen alle Menschen den gleichen Körper haben und sich nur durch Kleidung und Frisuren unterscheiden. Ausserdem lenkt das einfach gehaltene Artwork nicht vom Thema ab.

Mary Shelleys "Frankenstein" ist bald 200 Jahre alt und hat trotzdem nichts von seiner Brisanz verloren; vielmehr hat es derer gewonnen. Dies zu erörtern würde wahrscheinlich alleine schon mehrere Blogger ein leben lang beschäftigen, weshalb ich hier nicht weiter darauf eingehen werde. Lest das Buch einfach selbst und denkt darüber nach.
In Bobrovics Geschichte wird nun kein künstlicher Mensch erschaffen, sondern sein Innenleben wird von seinem neuen Besitzer so verändert, wie er es sich wünscht. Dies wirkt im ersten Moment lächerlich, handelt es sich hier doch bloß um einen Roboter, also einen Computer mit Händen und Füßen. Doch die Frage ist doch nicht, wie billig es ist, sich so einen liebenden Partner zu erschaffen, sondern viel mehr, wie nah wir schon an einer solchen Wirklichkeit sind.

In einer Zeit, in der Filme wie "Her" (der Comic wurde übrigens vor dem Film veröffentlicht) keinn Kopfschütteln mehr hervor rufen und wir auf Tinder die Chancen möglicher Partner, uns jemals kennen zu lernen, verwischen, ist es doch wirklich fraglich, ob wir überhaupt noch einen unvollkommenen Menschen in unserem Leben haben wollen. Warum suchen, daten, mich auf jemanden einlassen, wenn ich schon vorher unsere Kompabilität prüfen kann, ohne überhaupt aus dem Haus gehen zu müssen? Heutzutage scheint schlichtweg die Zeit zu fehlen, um eventuelle Macken eines Gegenübers zu bemerken und lieb zu gewinnen. Ich suche niemanden, an den ich mich erst in mühsamer Kleinarbeit anpassen und mit ihm zusammen gemeinsame Interessen aufbauen muss, ich will jemanden, der sich, so wie er ist, wie ein perfektes Puzzlestück in unser Leben einfügt und wir uns in seins.

Warum dann nicht gleich jemanden so programmieren, wie wir es wollen? Es gibt inzwischen programmierbare Vibratoren, warum nicht gleich noch einen Mann dran hängen? Ist es so verwerflich, einfach geliebt werden zu wollen? Diese Fragen wirft die Geschichte auf, ohne sie dem Leser zu beantworten und ihn so in in seiner Einsamkeit mit dem nagenden Gefühl des Nachdenkens und Philosophierens allein zu lassen. Man besorge sich also lieber schon vor der Lektüre eine Flasche Wein.

Es gibt noch mehr, das sich in diesen kleinen Comic hineininterpretieren ließe. Mehr als sich von außen drauf schliessen lässt. Ich gebe zu, ich bin relativ konservativ, was meinen Geschmack für Comicstile angeht, aber ich mag Bobers kleine Details, wie etwa die Ferdchen-Shirts oder das Erröten und ich freue mich schon auf seine nächste Geschichte.

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