Mittwoch, 17. Juni 2015
me.nicky, 21:29h
Liebevolle Geschichte
Verlag: Wasndas?
Autor: Bobrovic
Zeichner: Bober
Ausgabe: Originalausgabe, besitze aber auch die 2. Auflage
Sprache: Deutsch
Story:
Eine Toilette in einer Kneipe. Auf dem Boden liegt eine junge Frau, Schläuche kommen aus ihrem Körper, ein junger Mann versucht verzweifelt, sie wieder zu beleben.
Was wie eine Szene aus einer schmalzigen Krankenhaus-Serie wirkt, ist in Wirklichkeit der Anfang Des Comics "Herz <3 ?". Die Hauptperson ist ein junger Mann, der sich einen Haushaltsroboter gekauft hat und ihn zu einer Art Freundinnenroboter umprogrammiert hat. Freunde scheint er keine zu haben und Verständnis für seine Situation wird ihm auch nicht entgegengebracht. Doch der Roboter liebt ihn bedingungslos - nicht weil er kann, sondern ganz einfach deswegen, weil nie Updaits für die Systemsoftware "Selbstständiges Handeln & Denken" durchgeführt wurden.
Aber natürlich kann diese perfekte Liebe nicht für immer halten.
Meine Meinung:
Jetzt mal ehrlich. Wer würde für einen solchen Komik echtes Geld bezahlen? Das Cover sieht aus als häts eine alkoholkranke Fünftklässlerin gezeichnet und der Inhalt ist so Präfacebook "Ich erschaffe mir einen künstlichen Freund"-mäßig dass Mary Shelley gerade eine Klage wegen Copyright-Verletzung einreicht. Mein Gott, der Comic wirkt, als wäre er in einer Kneipe entstanden!
Ok, ok. Das war jetzt gemein, denn so schlimm ist es nicht. Der Comic ist sogar richtig gut.
Die Zeichnungen sind liebevoll, wenn auch natürlich etwas krakelig. Sie erinnern mit etwas an die Figuren der "Wo ist Walter"-Wimmelbücher, in denen alle Menschen den gleichen Körper haben und sich nur durch Kleidung und Frisuren unterscheiden. Ausserdem lenkt das einfach gehaltene Artwork nicht vom Thema ab.
Mary Shelleys "Frankenstein" ist bald 200 Jahre alt und hat trotzdem nichts von seiner Brisanz verloren; vielmehr hat es derer gewonnen. Dies zu erörtern würde wahrscheinlich alleine schon mehrere Blogger ein leben lang beschäftigen, weshalb ich hier nicht weiter darauf eingehen werde. Lest das Buch einfach selbst und denkt darüber nach.
In Bobrovics Geschichte wird nun kein künstlicher Mensch erschaffen, sondern sein Innenleben wird von seinem neuen Besitzer so verändert, wie er es sich wünscht. Dies wirkt im ersten Moment lächerlich, handelt es sich hier doch bloß um einen Roboter, also einen Computer mit Händen und Füßen. Doch die Frage ist doch nicht, wie billig es ist, sich so einen liebenden Partner zu erschaffen, sondern viel mehr, wie nah wir schon an einer solchen Wirklichkeit sind.
In einer Zeit, in der Filme wie "Her" (der Comic wurde übrigens vor dem Film veröffentlicht) keinn Kopfschütteln mehr hervor rufen und wir auf Tinder die Chancen möglicher Partner, uns jemals kennen zu lernen, verwischen, ist es doch wirklich fraglich, ob wir überhaupt noch einen unvollkommenen Menschen in unserem Leben haben wollen. Warum suchen, daten, mich auf jemanden einlassen, wenn ich schon vorher unsere Kompabilität prüfen kann, ohne überhaupt aus dem Haus gehen zu müssen? Heutzutage scheint schlichtweg die Zeit zu fehlen, um eventuelle Macken eines Gegenübers zu bemerken und lieb zu gewinnen. Ich suche niemanden, an den ich mich erst in mühsamer Kleinarbeit anpassen und mit ihm zusammen gemeinsame Interessen aufbauen muss, ich will jemanden, der sich, so wie er ist, wie ein perfektes Puzzlestück in unser Leben einfügt und wir uns in seins.
Warum dann nicht gleich jemanden so programmieren, wie wir es wollen? Es gibt inzwischen programmierbare Vibratoren, warum nicht gleich noch einen Mann dran hängen? Ist es so verwerflich, einfach geliebt werden zu wollen? Diese Fragen wirft die Geschichte auf, ohne sie dem Leser zu beantworten und ihn so in in seiner Einsamkeit mit dem nagenden Gefühl des Nachdenkens und Philosophierens allein zu lassen. Man besorge sich also lieber schon vor der Lektüre eine Flasche Wein.
Es gibt noch mehr, das sich in diesen kleinen Comic hineininterpretieren ließe. Mehr als sich von außen drauf schliessen lässt. Ich gebe zu, ich bin relativ konservativ, was meinen Geschmack für Comicstile angeht, aber ich mag Bobers kleine Details, wie etwa die Ferdchen-Shirts oder das Erröten und ich freue mich schon auf seine nächste Geschichte.
Verlag: Wasndas?
Autor: Bobrovic
Zeichner: Bober
Ausgabe: Originalausgabe, besitze aber auch die 2. Auflage
Sprache: Deutsch
Story:
Eine Toilette in einer Kneipe. Auf dem Boden liegt eine junge Frau, Schläuche kommen aus ihrem Körper, ein junger Mann versucht verzweifelt, sie wieder zu beleben.
Was wie eine Szene aus einer schmalzigen Krankenhaus-Serie wirkt, ist in Wirklichkeit der Anfang Des Comics "Herz <3 ?". Die Hauptperson ist ein junger Mann, der sich einen Haushaltsroboter gekauft hat und ihn zu einer Art Freundinnenroboter umprogrammiert hat. Freunde scheint er keine zu haben und Verständnis für seine Situation wird ihm auch nicht entgegengebracht. Doch der Roboter liebt ihn bedingungslos - nicht weil er kann, sondern ganz einfach deswegen, weil nie Updaits für die Systemsoftware "Selbstständiges Handeln & Denken" durchgeführt wurden.
Aber natürlich kann diese perfekte Liebe nicht für immer halten.
Meine Meinung:
Jetzt mal ehrlich. Wer würde für einen solchen Komik echtes Geld bezahlen? Das Cover sieht aus als häts eine alkoholkranke Fünftklässlerin gezeichnet und der Inhalt ist so Präfacebook "Ich erschaffe mir einen künstlichen Freund"-mäßig dass Mary Shelley gerade eine Klage wegen Copyright-Verletzung einreicht. Mein Gott, der Comic wirkt, als wäre er in einer Kneipe entstanden!
Ok, ok. Das war jetzt gemein, denn so schlimm ist es nicht. Der Comic ist sogar richtig gut.
Die Zeichnungen sind liebevoll, wenn auch natürlich etwas krakelig. Sie erinnern mit etwas an die Figuren der "Wo ist Walter"-Wimmelbücher, in denen alle Menschen den gleichen Körper haben und sich nur durch Kleidung und Frisuren unterscheiden. Ausserdem lenkt das einfach gehaltene Artwork nicht vom Thema ab.
Mary Shelleys "Frankenstein" ist bald 200 Jahre alt und hat trotzdem nichts von seiner Brisanz verloren; vielmehr hat es derer gewonnen. Dies zu erörtern würde wahrscheinlich alleine schon mehrere Blogger ein leben lang beschäftigen, weshalb ich hier nicht weiter darauf eingehen werde. Lest das Buch einfach selbst und denkt darüber nach.
In Bobrovics Geschichte wird nun kein künstlicher Mensch erschaffen, sondern sein Innenleben wird von seinem neuen Besitzer so verändert, wie er es sich wünscht. Dies wirkt im ersten Moment lächerlich, handelt es sich hier doch bloß um einen Roboter, also einen Computer mit Händen und Füßen. Doch die Frage ist doch nicht, wie billig es ist, sich so einen liebenden Partner zu erschaffen, sondern viel mehr, wie nah wir schon an einer solchen Wirklichkeit sind.
In einer Zeit, in der Filme wie "Her" (der Comic wurde übrigens vor dem Film veröffentlicht) keinn Kopfschütteln mehr hervor rufen und wir auf Tinder die Chancen möglicher Partner, uns jemals kennen zu lernen, verwischen, ist es doch wirklich fraglich, ob wir überhaupt noch einen unvollkommenen Menschen in unserem Leben haben wollen. Warum suchen, daten, mich auf jemanden einlassen, wenn ich schon vorher unsere Kompabilität prüfen kann, ohne überhaupt aus dem Haus gehen zu müssen? Heutzutage scheint schlichtweg die Zeit zu fehlen, um eventuelle Macken eines Gegenübers zu bemerken und lieb zu gewinnen. Ich suche niemanden, an den ich mich erst in mühsamer Kleinarbeit anpassen und mit ihm zusammen gemeinsame Interessen aufbauen muss, ich will jemanden, der sich, so wie er ist, wie ein perfektes Puzzlestück in unser Leben einfügt und wir uns in seins.
Warum dann nicht gleich jemanden so programmieren, wie wir es wollen? Es gibt inzwischen programmierbare Vibratoren, warum nicht gleich noch einen Mann dran hängen? Ist es so verwerflich, einfach geliebt werden zu wollen? Diese Fragen wirft die Geschichte auf, ohne sie dem Leser zu beantworten und ihn so in in seiner Einsamkeit mit dem nagenden Gefühl des Nachdenkens und Philosophierens allein zu lassen. Man besorge sich also lieber schon vor der Lektüre eine Flasche Wein.
Es gibt noch mehr, das sich in diesen kleinen Comic hineininterpretieren ließe. Mehr als sich von außen drauf schliessen lässt. Ich gebe zu, ich bin relativ konservativ, was meinen Geschmack für Comicstile angeht, aber ich mag Bobers kleine Details, wie etwa die Ferdchen-Shirts oder das Erröten und ich freue mich schon auf seine nächste Geschichte.
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Freitag, 28. Februar 2014
me.nicky, 00:24h
Aussergewöhnliche Ausstellung ausserhalb aller Altersbeschränkungen
Vor kurzem war ich zur Vernissage einer speziellen Ausstellung eingeladen. Gezeigt wurden und werden noch bis zum 8. März 2014 im Bistro der Alten Kaserne in Winterthur (CH) einige ausgesuchte Werke der Künstler des Krakelkomikstammtisches Friedrichshafen (D).
Vier der Künstler waren bei der Vernissage sogar persönlich anwesend, und ich habe es sogar geschafft, eine Originalzeichung vom Armen Armin zu ergattern (siehe unten).
Ich hatte auch Zeit, noch ein bisschen mit den Künstlern plaudern und durfte feststellen, dass sie trotz ihres VIP-Status ganz normale Menschen sind. Obwohl, wenn ich mir die Bilder so ansehe…
Häppchen gabs auch noch, und bei der Getränkewahl ist mir aufgefallen, dass die Preise des Bistros wirklich gut sind, selbst wenn man deutsche Preise gewohnt ist.
Winterthur ist eine schöne Stadt, mit vielen unterschiedlichen Vierteln und bietet alles von Filialen bekannter Ketten bis hin zu kleinen einmaligen Geschäften, selbst auf einen Comicladen (ZappaDoing) müssen Einheimische wie auch Touristen nicht verzichten.
Einen Ausflug ist die zweitgrösste Stadt des Kanton Zürichs auf jeden Fall wert, und wer sich demnächst dazu entschliesst, der sollte auf ein Bier in der alten Kaserne einkehren und sich die Ausstellung anschauen, es lohnt sich!
Vor kurzem war ich zur Vernissage einer speziellen Ausstellung eingeladen. Gezeigt wurden und werden noch bis zum 8. März 2014 im Bistro der Alten Kaserne in Winterthur (CH) einige ausgesuchte Werke der Künstler des Krakelkomikstammtisches Friedrichshafen (D).
Vier der Künstler waren bei der Vernissage sogar persönlich anwesend, und ich habe es sogar geschafft, eine Originalzeichung vom Armen Armin zu ergattern (siehe unten).
Ich hatte auch Zeit, noch ein bisschen mit den Künstlern plaudern und durfte feststellen, dass sie trotz ihres VIP-Status ganz normale Menschen sind. Obwohl, wenn ich mir die Bilder so ansehe…
Häppchen gabs auch noch, und bei der Getränkewahl ist mir aufgefallen, dass die Preise des Bistros wirklich gut sind, selbst wenn man deutsche Preise gewohnt ist.
Winterthur ist eine schöne Stadt, mit vielen unterschiedlichen Vierteln und bietet alles von Filialen bekannter Ketten bis hin zu kleinen einmaligen Geschäften, selbst auf einen Comicladen (ZappaDoing) müssen Einheimische wie auch Touristen nicht verzichten.
Einen Ausflug ist die zweitgrösste Stadt des Kanton Zürichs auf jeden Fall wert, und wer sich demnächst dazu entschliesst, der sollte auf ein Bier in der alten Kaserne einkehren und sich die Ausstellung anschauen, es lohnt sich!
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Freitag, 23. August 2013
me.nicky, 22:42h
Die Welt ist ungerecht. Egal, welche.
Verlag: Nö
Autor: Linda Bunge
Zeichner: Bunge Linda
Ausgabe: Limitierte Originalausgabe (58/100)
Sprache: Deutsch, Englisch
Story:
Die Geschichte beginnt wie alle anderen Krakelkomiks aus dieser Reihe auf der Toilette einer Bar. Ein junger Mann stürmt hinein und kotzt sich erst einmal die Seele aus dem Leib. Sven. Offensichtlich von der Frauenwelt enttäuscht verlässt er das Lokal früh Richtung zu Hause. Als er vor der Haustür steht erinnert er sich daran zurück, wie es so weit kam, dass er zwar in MMORPGs ein King, für die Mädels der richtigen Welt aber eher ein Knecht ist.
Gefrustet von sich und dem, was die reale Welt ihm so zu bieten hat flieht er zu Hause gleich in sein Lieblingsspiel „Rise(ing) to Divinity“. Leider kann er auch dort nicht wirklich mit weiblichen Charakteren anbandeln. Doch sein eigener Charakter, ein Paladin auf Überlevel 82 macht mächtig Eindruck auf ein paar Anfänger, die ihn sogleich drum bitten, ihnen beim leveln zu helfen. Von den Mitgliedern seiner Gilde belächelt beschliesst Sven, den Noobs zu helfen und zieht mit ihnen los, die furchteinflössentsten Kreaturen zu besiegen, den grössten Gefahren in die Augen zu blicken und die gefährlichsten Abenteuer zu bestehen. Stellen sich die drei Neulinge zu Beginn auch noch etwas ungeschickt an, geben sie sich grosse Mühe und lernen schnell dazu.
Als Sven ein paar Tage später mit seiner Angängertruppe wieder auf seine alte Gilde trifft, fordert diese sein Team zu einem Duell heraus. Wider Erwarten schlagen sich die Anfänger sehr gut, fast sieht es so aus, als könnten sie gewinnen. Doch dann wird Svens hart erarbeitetes Schwert in tausend Stücke zersprengt; sein Paladin stirbt und verliert neben seinem Ansehen auch noch seine zwei zusätzlichen Levelpunkte. Schlimmer kann es weder im Netz noch im Real-Life werden. Denkt Sven.
Meine Meinung:
Wieder was ganz anderes als der erste Krakelkomik.
Nicht nur vom Thema her, sondern auch vom Artwork.
Ich würde sagen, der Stil geht in die Manga-Richtung. Zu erkennen ist das nicht nur an den Figuren. Mir ist es das erste Mal aufgefallen, als eine Rückblende stattfindet. Wie im Manga sind die Trennbalken zwischen den einzelnen Bildern dann nicht mehr weiss, sondern schwarz. Eine Tatsache, die ich auch erst kenne, seit ich "Gute Nacht, Punpun" lese und die ich für sehr sinnvoll erachte für einen Comicstil, in dem das meiste schwarz-weiss gehalten ist.
Schwarz-weiss trifft hier allerdings nicht ganz zu. Es gibt auch noch viele Graustufen. Und jeder, der jetzt leise in sich hineinlacht und denkt, grau sei nur die Mischung aus schwarz und weiss, der soll doch bitte mal diesen Comic lesen. Selten habe ich diese farblose Farbe als so gut eingesetzt gesehen wie das hier der Fall ist. Die Schattierungen sind grossartig, die Palette an Grautönen wird bis zum letzten ausgereizt, so dass man Farben nicht nur nicht vermisst, sondern sich sogar wünscht, dass es mehr Bildergeschichten geben würde, die statt auf Buntheit auf gezieltes Ergrauen setzen würden.
Aber auch die Körperhaltung und die Gesichtsausdrücke der Charaktere ist gut gelungen. Und das ist mir immer sehr wichtig.
Am besten gefällt mir das Bild rechts unten auf Seite 17 (auf dem Scan zu sehen), auf dem Sven (in Form seines Level 82-Paladins) sich entschliesst, den Noobs zu helfen. Bei der Art, wie er sich leicht nach hinten lehnt, Richtung virtuellen Himmel blickt und seine Hand zu einer Faust ballt kann man förmlich spüren, wie feierlich dieser Moment sein muss. Der Lichteinfall und der fast schon perverse Glanz seiner Rüstung perfektionieren diesen Moment. Damit das ganze nicht in den Sumpf des künstlichen Pathos abgleitet, steht der Noob daneben und nimmt ihm mit seinem naiven Ausspruch der Freude wieder einen Teil seiner Ernsthaftigkeit. Perfekt.
Leider bin ich gänzlich unbewandert in der Welt der MMORPGs, so dass ich nicht beurteilen kann, ob diese Geschichte der Realität der virtuellen Welt entspricht.
Interessant ist der Gedanke aber schon. Zwar sind in dieser anderen Welt andere Menschen die Gewinner und die Verlierer als in der realen Welt, aber wenn man sie alleingestellt betrachtet spiegelt sie trotzdem die nicht-virtuelle Gesellschaft wieder. Es gibt einige wenige, die sich in dieser Welt zurecht finden, die sich schnell hocharbeiten, sich zusammen schliessen und Erfolge feiern und andere, die nur einen niedrigen Level aufweisen können werden von den Gewinnern der Gesellschaft verachtet und ausgeschlossen.
Wenn dies der Fall wäre würde das doch bedeuten, dass Sven dieses Spiel nicht spielt, weil er sich damit in eine bessere Welt flüchten will, sondern nur, weil er in dieser Welt seiner Ansicht nach etwas besseres ist.
Das ist... bedenklich. Das meine ich ernst. Verbringen wir unsere Zeit wirklich lieber damit, in einer eigentlich nicht existierenden Gesellschaft besser da zu stehen als die reale Welt besser zu machen oder wenigstens selber voran zu kommen?
Aber müssen wir wirklich so selbstlos sein? Ist es so verwerflich, den leichten Weg zu wählen?
Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass mich dieser Krakelkomik schon jetzt mehr zum Nachdenken gebracht hat, als alle Graphic Novels, die ich jemals gelesen habe, zusammen.
Wem ist so ein Comic zu empfehlen? Vermutlich Leuten wie mir. Leute, die das Leben, egal ob das in der realen oder jenes in der virtuellen Welt, nicht allzu ernst nehmen, sich aber trotzdem gerne Gedanken darüber machen.
Dieser Krakelkomik hat 48 Seiten, viel mehr als der letzte, und kostet deshalb auch ein bisschen mehr: 3.50 €. Dafür bekommt man viel Story in einem ordentlichen Druck und auf beinahe unverwüstlichem Papier.
Verlag: Nö
Autor: Linda Bunge
Zeichner: Bunge Linda
Ausgabe: Limitierte Originalausgabe (58/100)
Sprache: Deutsch, Englisch
Story:
Die Geschichte beginnt wie alle anderen Krakelkomiks aus dieser Reihe auf der Toilette einer Bar. Ein junger Mann stürmt hinein und kotzt sich erst einmal die Seele aus dem Leib. Sven. Offensichtlich von der Frauenwelt enttäuscht verlässt er das Lokal früh Richtung zu Hause. Als er vor der Haustür steht erinnert er sich daran zurück, wie es so weit kam, dass er zwar in MMORPGs ein King, für die Mädels der richtigen Welt aber eher ein Knecht ist.
Gefrustet von sich und dem, was die reale Welt ihm so zu bieten hat flieht er zu Hause gleich in sein Lieblingsspiel „Rise(ing) to Divinity“. Leider kann er auch dort nicht wirklich mit weiblichen Charakteren anbandeln. Doch sein eigener Charakter, ein Paladin auf Überlevel 82 macht mächtig Eindruck auf ein paar Anfänger, die ihn sogleich drum bitten, ihnen beim leveln zu helfen. Von den Mitgliedern seiner Gilde belächelt beschliesst Sven, den Noobs zu helfen und zieht mit ihnen los, die furchteinflössentsten Kreaturen zu besiegen, den grössten Gefahren in die Augen zu blicken und die gefährlichsten Abenteuer zu bestehen. Stellen sich die drei Neulinge zu Beginn auch noch etwas ungeschickt an, geben sie sich grosse Mühe und lernen schnell dazu.
Als Sven ein paar Tage später mit seiner Angängertruppe wieder auf seine alte Gilde trifft, fordert diese sein Team zu einem Duell heraus. Wider Erwarten schlagen sich die Anfänger sehr gut, fast sieht es so aus, als könnten sie gewinnen. Doch dann wird Svens hart erarbeitetes Schwert in tausend Stücke zersprengt; sein Paladin stirbt und verliert neben seinem Ansehen auch noch seine zwei zusätzlichen Levelpunkte. Schlimmer kann es weder im Netz noch im Real-Life werden. Denkt Sven.
Meine Meinung:
Wieder was ganz anderes als der erste Krakelkomik.
Nicht nur vom Thema her, sondern auch vom Artwork.
Ich würde sagen, der Stil geht in die Manga-Richtung. Zu erkennen ist das nicht nur an den Figuren. Mir ist es das erste Mal aufgefallen, als eine Rückblende stattfindet. Wie im Manga sind die Trennbalken zwischen den einzelnen Bildern dann nicht mehr weiss, sondern schwarz. Eine Tatsache, die ich auch erst kenne, seit ich "Gute Nacht, Punpun" lese und die ich für sehr sinnvoll erachte für einen Comicstil, in dem das meiste schwarz-weiss gehalten ist.
Schwarz-weiss trifft hier allerdings nicht ganz zu. Es gibt auch noch viele Graustufen. Und jeder, der jetzt leise in sich hineinlacht und denkt, grau sei nur die Mischung aus schwarz und weiss, der soll doch bitte mal diesen Comic lesen. Selten habe ich diese farblose Farbe als so gut eingesetzt gesehen wie das hier der Fall ist. Die Schattierungen sind grossartig, die Palette an Grautönen wird bis zum letzten ausgereizt, so dass man Farben nicht nur nicht vermisst, sondern sich sogar wünscht, dass es mehr Bildergeschichten geben würde, die statt auf Buntheit auf gezieltes Ergrauen setzen würden.
Aber auch die Körperhaltung und die Gesichtsausdrücke der Charaktere ist gut gelungen. Und das ist mir immer sehr wichtig.
Am besten gefällt mir das Bild rechts unten auf Seite 17 (auf dem Scan zu sehen), auf dem Sven (in Form seines Level 82-Paladins) sich entschliesst, den Noobs zu helfen. Bei der Art, wie er sich leicht nach hinten lehnt, Richtung virtuellen Himmel blickt und seine Hand zu einer Faust ballt kann man förmlich spüren, wie feierlich dieser Moment sein muss. Der Lichteinfall und der fast schon perverse Glanz seiner Rüstung perfektionieren diesen Moment. Damit das ganze nicht in den Sumpf des künstlichen Pathos abgleitet, steht der Noob daneben und nimmt ihm mit seinem naiven Ausspruch der Freude wieder einen Teil seiner Ernsthaftigkeit. Perfekt.
Leider bin ich gänzlich unbewandert in der Welt der MMORPGs, so dass ich nicht beurteilen kann, ob diese Geschichte der Realität der virtuellen Welt entspricht.
Interessant ist der Gedanke aber schon. Zwar sind in dieser anderen Welt andere Menschen die Gewinner und die Verlierer als in der realen Welt, aber wenn man sie alleingestellt betrachtet spiegelt sie trotzdem die nicht-virtuelle Gesellschaft wieder. Es gibt einige wenige, die sich in dieser Welt zurecht finden, die sich schnell hocharbeiten, sich zusammen schliessen und Erfolge feiern und andere, die nur einen niedrigen Level aufweisen können werden von den Gewinnern der Gesellschaft verachtet und ausgeschlossen.
Wenn dies der Fall wäre würde das doch bedeuten, dass Sven dieses Spiel nicht spielt, weil er sich damit in eine bessere Welt flüchten will, sondern nur, weil er in dieser Welt seiner Ansicht nach etwas besseres ist.
Das ist... bedenklich. Das meine ich ernst. Verbringen wir unsere Zeit wirklich lieber damit, in einer eigentlich nicht existierenden Gesellschaft besser da zu stehen als die reale Welt besser zu machen oder wenigstens selber voran zu kommen?
Aber müssen wir wirklich so selbstlos sein? Ist es so verwerflich, den leichten Weg zu wählen?
Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass mich dieser Krakelkomik schon jetzt mehr zum Nachdenken gebracht hat, als alle Graphic Novels, die ich jemals gelesen habe, zusammen.
Wem ist so ein Comic zu empfehlen? Vermutlich Leuten wie mir. Leute, die das Leben, egal ob das in der realen oder jenes in der virtuellen Welt, nicht allzu ernst nehmen, sich aber trotzdem gerne Gedanken darüber machen.
Dieser Krakelkomik hat 48 Seiten, viel mehr als der letzte, und kostet deshalb auch ein bisschen mehr: 3.50 €. Dafür bekommt man viel Story in einem ordentlichen Druck und auf beinahe unverwüstlichem Papier.
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Dienstag, 20. August 2013
me.nicky, 22:08h
Weil Graphic Novel kann jeder
Verlag: Was ist das nochmal?
Autor: Armin
Zeichner: Auch Armin
Ausgabe: Limitierte Originalausgabe (64/100)
Sprache: Ohne Worte
Story:
Ein Mann geht zur Toilette. Als er sich erleichtern will, fällt ihm sein Penis ab, direkt in die Toilette, und wird runtergespült. Der Mann sitzt deprimiert auf dem Boden, wird zu Staub, wird von der Toilette runtergespült. Seine Reste werden von der Putzfrau weggeputzt, die danach selbst im Klo verschwindet.
Meine Meinung:
Ich bin mir nicht ganz sicher, was mir dieser Comic sagen möchte. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht einmal sicher, ob mir dieser Comic überhaupt etwas sagen möchte. Deshalb erfinde ich jetzt einfach etwas.
Der abfallende Penis könnte als die Angst der Männer vor dem Verlust der Männlichkeit durch die Emanzipation der Frau gedeutet werden. Es geschieht bei der einzigen Tätigkeit, welche die Männer für immer von den Frauen unterscheiden wird: Im stehen pinkeln. Durch die Emanzipation verlieren die die Männer ihre natürliche Funktion als Beschützer der Sippe, irren ziellos durch die Gegenwart, bis sie sich schliesslich auflösen, verschwinden, in einer Welt, die Frauen bevorzugt und Männer als Unterdrücker und Sexisten darstellt.
Die Frau, in ihrer Rolle als Putzfrau, wischt die kläglichen Überreste emotionslos weg.
Doch jetzt, da der Mann von der Bildfläche verschwunden und sein Dreck entfernt ist, verliert auch sie den Inhalt ihres Lebens. Und so geht auch sie, inzwischen nur noch ein Schatten ihrer selbst, zu Grunde.
So oder so ähnlich könnte man das Ganze interpretieren. Kann man, muss man aber nicht.
Denn auch wenn sich einem die Bedeutung der Geschichte nicht erschliesst ist der Comic ein Genuss. Das Artwork steht Mainstream-Comic in nichts nach.
Es ist beinahe unmöglich, die Zeichnungen zu beschreiben. So vieles gefällt mir daran. Die schwarzen, dicken Nebelschwaden, die über den Boden ziehen, der Kontrast zwischen der kantig gezeichneten Männerfigur und den schwungvollen Rundungen der Frau, der perspektivisch perfekte Schattenwurf.
Am besten gefällt mir die weiss gelassene Seite zwischen dem Beginn der Putzarbeiten und deren Abschluss.
Ich empfehle diesen Comic allen, die die Schnauze voll haben von dem ganzen Graphic Novel-Getue und schon immer wussten, dass es da draussen eine ernst zu nehmende Alternative gibt.
Ich empfehle ihn aber auch jenen, die begeistert sind vom Graphic Novel-Trend. So viel Geschichte mit so gutem Artwork bekommt man sonst wohl nirgends.
Der Comic kostet 1 € und ist der erste von sechs vollkommen verschiedenen Krakelkomiks.
Selbstverständlich hat der Künstler auch einen Blog.
Verlag: Was ist das nochmal?
Autor: Armin
Zeichner: Auch Armin
Ausgabe: Limitierte Originalausgabe (64/100)
Sprache: Ohne Worte
Story:
Ein Mann geht zur Toilette. Als er sich erleichtern will, fällt ihm sein Penis ab, direkt in die Toilette, und wird runtergespült. Der Mann sitzt deprimiert auf dem Boden, wird zu Staub, wird von der Toilette runtergespült. Seine Reste werden von der Putzfrau weggeputzt, die danach selbst im Klo verschwindet.
Meine Meinung:
Ich bin mir nicht ganz sicher, was mir dieser Comic sagen möchte. Ich bin mir ehrlich gesagt nicht einmal sicher, ob mir dieser Comic überhaupt etwas sagen möchte. Deshalb erfinde ich jetzt einfach etwas.
Der abfallende Penis könnte als die Angst der Männer vor dem Verlust der Männlichkeit durch die Emanzipation der Frau gedeutet werden. Es geschieht bei der einzigen Tätigkeit, welche die Männer für immer von den Frauen unterscheiden wird: Im stehen pinkeln. Durch die Emanzipation verlieren die die Männer ihre natürliche Funktion als Beschützer der Sippe, irren ziellos durch die Gegenwart, bis sie sich schliesslich auflösen, verschwinden, in einer Welt, die Frauen bevorzugt und Männer als Unterdrücker und Sexisten darstellt.
Die Frau, in ihrer Rolle als Putzfrau, wischt die kläglichen Überreste emotionslos weg.
Doch jetzt, da der Mann von der Bildfläche verschwunden und sein Dreck entfernt ist, verliert auch sie den Inhalt ihres Lebens. Und so geht auch sie, inzwischen nur noch ein Schatten ihrer selbst, zu Grunde.
So oder so ähnlich könnte man das Ganze interpretieren. Kann man, muss man aber nicht.
Denn auch wenn sich einem die Bedeutung der Geschichte nicht erschliesst ist der Comic ein Genuss. Das Artwork steht Mainstream-Comic in nichts nach.
Es ist beinahe unmöglich, die Zeichnungen zu beschreiben. So vieles gefällt mir daran. Die schwarzen, dicken Nebelschwaden, die über den Boden ziehen, der Kontrast zwischen der kantig gezeichneten Männerfigur und den schwungvollen Rundungen der Frau, der perspektivisch perfekte Schattenwurf.
Am besten gefällt mir die weiss gelassene Seite zwischen dem Beginn der Putzarbeiten und deren Abschluss.
Ich empfehle diesen Comic allen, die die Schnauze voll haben von dem ganzen Graphic Novel-Getue und schon immer wussten, dass es da draussen eine ernst zu nehmende Alternative gibt.
Ich empfehle ihn aber auch jenen, die begeistert sind vom Graphic Novel-Trend. So viel Geschichte mit so gutem Artwork bekommt man sonst wohl nirgends.
Der Comic kostet 1 € und ist der erste von sechs vollkommen verschiedenen Krakelkomiks.
Selbstverständlich hat der Künstler auch einen Blog.
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