Catwoman by Tim Sale


Freitag, 23. August 2013
Die Welt ist ungerecht. Egal, welche.

Cover von Krakelkomik #2: Noob Jesus

Verlag:
Autor: Linda Bunge
Zeichner: Bunge Linda
Ausgabe: Limitierte Originalausgabe (58/100)
Sprache: Deutsch, Englisch

Story:
Die Geschichte beginnt wie alle anderen Krakelkomiks aus dieser Reihe auf der Toilette einer Bar. Ein junger Mann stürmt hinein und kotzt sich erst einmal die Seele aus dem Leib. Sven. Offensichtlich von der Frauenwelt enttäuscht verlässt er das Lokal früh Richtung zu Hause. Als er vor der Haustür steht erinnert er sich daran zurück, wie es so weit kam, dass er zwar in MMORPGs ein King, für die Mädels der richtigen Welt aber eher ein Knecht ist.

Gefrustet von sich und dem, was die reale Welt ihm so zu bieten hat flieht er zu Hause gleich in sein Lieblingsspiel „Rise(ing) to Divinity“. Leider kann er auch dort nicht wirklich mit weiblichen Charakteren anbandeln. Doch sein eigener Charakter, ein Paladin auf Überlevel 82 macht mächtig Eindruck auf ein paar Anfänger, die ihn sogleich drum bitten, ihnen beim leveln zu helfen. Von den Mitgliedern seiner Gilde belächelt beschliesst Sven, den Noobs zu helfen und zieht mit ihnen los, die furchteinflössentsten Kreaturen zu besiegen, den grössten Gefahren in die Augen zu blicken und die gefährlichsten Abenteuer zu bestehen. Stellen sich die drei Neulinge zu Beginn auch noch etwas ungeschickt an, geben sie sich grosse Mühe und lernen schnell dazu.

Als Sven ein paar Tage später mit seiner Angängertruppe wieder auf seine alte Gilde trifft, fordert diese sein Team zu einem Duell heraus. Wider Erwarten schlagen sich die Anfänger sehr gut, fast sieht es so aus, als könnten sie gewinnen. Doch dann wird Svens hart erarbeitetes Schwert in tausend Stücke zersprengt; sein Paladin stirbt und verliert neben seinem Ansehen auch noch seine zwei zusätzlichen Levelpunkte. Schlimmer kann es weder im Netz noch im Real-Life werden. Denkt Sven.

"Thou shall not flame the noob!"
<br />
Hehehe.

Meine Meinung:
Wieder was ganz anderes als der erste Krakelkomik.
Nicht nur vom Thema her, sondern auch vom Artwork.

Ich würde sagen, der Stil geht in die Manga-Richtung. Zu erkennen ist das nicht nur an den Figuren. Mir ist es das erste Mal aufgefallen, als eine Rückblende stattfindet. Wie im Manga sind die Trennbalken zwischen den einzelnen Bildern dann nicht mehr weiss, sondern schwarz. Eine Tatsache, die ich auch erst kenne, seit ich "Gute Nacht, Punpun" lese und die ich für sehr sinnvoll erachte für einen Comicstil, in dem das meiste schwarz-weiss gehalten ist.

Schwarz-weiss trifft hier allerdings nicht ganz zu. Es gibt auch noch viele Graustufen. Und jeder, der jetzt leise in sich hineinlacht und denkt, grau sei nur die Mischung aus schwarz und weiss, der soll doch bitte mal diesen Comic lesen. Selten habe ich diese farblose Farbe als so gut eingesetzt gesehen wie das hier der Fall ist. Die Schattierungen sind grossartig, die Palette an Grautönen wird bis zum letzten ausgereizt, so dass man Farben nicht nur nicht vermisst, sondern sich sogar wünscht, dass es mehr Bildergeschichten geben würde, die statt auf Buntheit auf gezieltes Ergrauen setzen würden.

Aber auch die Körperhaltung und die Gesichtsausdrücke der Charaktere ist gut gelungen. Und das ist mir immer sehr wichtig.
Am besten gefällt mir das Bild rechts unten auf Seite 17 (auf dem Scan zu sehen), auf dem Sven (in Form seines Level 82-Paladins) sich entschliesst, den Noobs zu helfen. Bei der Art, wie er sich leicht nach hinten lehnt, Richtung virtuellen Himmel blickt und seine Hand zu einer Faust ballt kann man förmlich spüren, wie feierlich dieser Moment sein muss. Der Lichteinfall und der fast schon perverse Glanz seiner Rüstung perfektionieren diesen Moment. Damit das ganze nicht in den Sumpf des künstlichen Pathos abgleitet, steht der Noob daneben und nimmt ihm mit seinem naiven Ausspruch der Freude wieder einen Teil seiner Ernsthaftigkeit. Perfekt.

Leider bin ich gänzlich unbewandert in der Welt der MMORPGs, so dass ich nicht beurteilen kann, ob diese Geschichte der Realität der virtuellen Welt entspricht.
Interessant ist der Gedanke aber schon. Zwar sind in dieser anderen Welt andere Menschen die Gewinner und die Verlierer als in der realen Welt, aber wenn man sie alleingestellt betrachtet spiegelt sie trotzdem die nicht-virtuelle Gesellschaft wieder. Es gibt einige wenige, die sich in dieser Welt zurecht finden, die sich schnell hocharbeiten, sich zusammen schliessen und Erfolge feiern und andere, die nur einen niedrigen Level aufweisen können werden von den Gewinnern der Gesellschaft verachtet und ausgeschlossen.
Wenn dies der Fall wäre würde das doch bedeuten, dass Sven dieses Spiel nicht spielt, weil er sich damit in eine bessere Welt flüchten will, sondern nur, weil er in dieser Welt seiner Ansicht nach etwas besseres ist.

Das ist... bedenklich. Das meine ich ernst. Verbringen wir unsere Zeit wirklich lieber damit, in einer eigentlich nicht existierenden Gesellschaft besser da zu stehen als die reale Welt besser zu machen oder wenigstens selber voran zu kommen?
Aber müssen wir wirklich so selbstlos sein? Ist es so verwerflich, den leichten Weg zu wählen?
Ich weiss es nicht. Ich weiss nur, dass mich dieser Krakelkomik schon jetzt mehr zum Nachdenken gebracht hat, als alle Graphic Novels, die ich jemals gelesen habe, zusammen.

Wem ist so ein Comic zu empfehlen? Vermutlich Leuten wie mir. Leute, die das Leben, egal ob das in der realen oder jenes in der virtuellen Welt, nicht allzu ernst nehmen, sich aber trotzdem gerne Gedanken darüber machen.

Dieser Krakelkomik hat 48 Seiten, viel mehr als der letzte, und kostet deshalb auch ein bisschen mehr: 3.50 €. Dafür bekommt man viel Story in einem ordentlichen Druck und auf beinahe unverwüstlichem Papier.

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